„Aus“ ist eins der wichtigsten Signale im Hundeleben. Überlebenswichtig! Denn manchmal ist es nicht nur ein Leberwurstbrot, das dein Hund schlucken möchte. Hey-Fiffi-Trainerin Bettina Haas hat da ein paar Tipps für dich.
„Aus. — Aus. —– Aaauus! —– AUS! —— AAUUS!!!“
Von leise und freundlich wird die Stimme streng, schrill oder/und laut – aber Fiffi behält das Leberwurstbrot fest im Maul. Ratlos steht sein Mensch da. „Er muss es mir doch geben!“ lautet die Forderung. Muss er? Warum eigentlich? Weil wir das Sagen haben? Weil wir uns durchsetzen müssen? Weil das bei Wölfen auch so ist?
„Wölfe machen das auch so“
Nein. Es ist bei Wölfen nicht so, dass jeder alles sofort ausspucken muss, wenn der „Alpha“ kommt. Im Gegenteil. Was einer hat, darf er behalten. Das ist wölfisch und hundisch. Nur wir Menschen meinen, alles sofort bekommen zu müssen …
Manchmal läuft´s von Anfang an schief
Aber fangen wir doch mal von vorne an. Ich erlebe es immer wieder: Der frischgebackene Welpenbesitzer möchte, dass der Kleine den Seidenschal der Ehefrau wieder hergibt. Er hält also den Schal fest, an dessen anderem Ende der Welpe seine Zähnchen festgehakt hat. Dann sagt er: “Aus“ und schaut den Welpen erwartungsvoll an. Nichts passiert, der Welpe schaut zurück. Der Welpe probiert, ob das ein lustiges Zerrspiel wird, wie es sonst auch so oft gespielt wird. Er zieht ein bisschen, und hört:“AUS!“ Wenn es sich wirklich um einen Seidenschal handelt, wird der Mensch an dieser Stelle bereits ins Maul greifen und vorsichtig den Schal herausarbeiten aus dem Welpengebiss. Wenn es etwas weniger Empfindliches ist, wird er vermutlich weiter versuchen, dem Hund die Vokabel „Aus!!!!“ vorzusagen, in der Hoffnung, der Hunde möge das doch endlich verstehen.
„Aus“ muss genau so erlernt werden wie „Sitz“
Das Problem ist, dass Hunde im allgemeinen und Welpen im Besonderen die menschliche Sprache eigentlich gar nicht verstehen. Das bedeutet, dass Welpi auch nach 500 Mal „Aus!!!!“ den Sinn des Wortes nicht begreift, wenn – ja, wenn er nicht zufällig genau in dem Moment die Kiefer öffnet. Was? Wenn der Hund zufällig die Kiefer öffnet, versteht er das Wortsignal „Aus“? Wieso denn das? Ganz einfach. Er tut es gerade, und hört dazu das Wort. Jetzt fehlt nur das Markersignal und eine tolle Belohnung, und schon findet eine kleine, zarte Verknüpfung statt im Hundegehirn.
So lernt dein Hund
Dann nämlich lernt der Hund, dass die Vokabel „Aus“ mit dem Öffnen der Schnauze zu tun hat, und es danach eine Belohnung gibt. Die guten Dinge lernen Hunde schnell. Darum lernen sie ja auch, wo es Spaß gibt. Zum Beispiel bringt es eine Menge Spaß, sich einen Gegenstand zu suchen und den Menschen in ein Fangspiel einzubeziehen. Das gibt richtig Gaudi! Komisch nur, dass der Mensch manchmal am Ende so stinkig ist. Menschen sind einfach unberechenbar …
Also nochmal, was genau haben wir denn jetzt gelernt? Du kannst deinem Hund Vokabeln beibringen, nur ganz von selbst klappt es eben nicht immer nach Wunsch. Wenn du möchtest, dass dein Hund etwas aus dem Maul loslässt, wartest du am besten darauf, dass er seine Kiefer ein bisschen lockert und markierst das. Nach dem Markersignal kannst du loben. Warte auf das nächste leichte Öffnen der Kiefer, und markiere erneut. Und noch mal.
Punktgenaues Belohnen und Markern rockt
Vermutlich hat dein Hund den Gegenstand schon ausgespuckt. Stimmt`s?
Warum? Weil er gemerkt hat, dass das Markersignal kommt, sobald er seine Muskulatur im Kiefer lockert. Und vermutlich, weil er mit dem Markersignal eine Futterbelohnung verknüpft hat, und er sie haben will. Also geht das Mäulchen auf und er möchte die Belohnung haben. Aber es kann auch sein, dass dein Hund Futter gerade weniger toll findet, sondern den Gegenstand behalten will, alleine oder mit dir damit spielen möchte oder ihn zerrupfen will. Wenn das der Fall ist, ist Futter nur ein Trostpreis. Das ist der Grund, weshalb wir Trainer dafür sind, solche Situationen zu üben. Und zwar mit Gegenständen, die der Hund eher nicht so hochwertig findet, und daher leicht abgeben kann. Dafür erhält er dann eine hochwertige Belohnung, zum Beispiel ein beliebtes Leckerchen.
Schritt für Schritt zum Ziel
Mit diesem ersten Schritt lernt er das Prinzip: „Ich öffne die Kiefer, lasse den Gegenstand los, und bekomme etwas Tolles dafür.“
Im nächsten Schritt kann er vielleicht schon lernen, dass Zerrspiele manchmal stoppen, und das Spiel genau dann weitergeht, wenn er das Spielzeug kurz loslässt. Dann kommt das Markersignal und zur Belohnung geht das Spiel weiter.
Nach und nach kannst du die Wertigkeit der Gegenstände erhöhen oder die Erregung bei Spielen erhöhen. Bitte immer nur eine Komponente verändern. Entweder der Gegenstand ist hochwertiger oder das Spiel ist wilder. Denke immer daran, dass Aufregung es schwieriger macht. Wenn du dir ganz sicher bist, dass dein Hund jetzt gleich seine Muskulatur lockert und den Gegenstand fallen lässt, sagst du dein Wortsignal dazu. Das kann ein freundliches „Aus“ sein, aber auch „Schenk`s mir“, oder ein anderes Signal. Wie immer gilt: Achte darauf, dass das Wort keinem anderen Signal ähnelt und dass du es nicht versehentlich in anderen Zusammenhängen benutzt.
Hier noch mal die einzelnen Schritte:
1. Schritt: Dein Hund lernt, dass es sich lohnt, etwas fallen zu lassen.
- Mit einem wenig hochwertigen Gegenstand beginnen. Hund nimmt ihn und lässt ihn wieder fallen. Markersignal und Belohnung.
- Wenn das gut klappt, übst du mit anderen Gegenständen, die Schritt für Schritt etwas hochwertiger werden dürfen.
2. Schritt: Du überträgst das Gelernte in andere Situationen (Generalisieren)
- Übe in anderen Räumen, im Garten, auf den Spaziergängen.
- Übertrage das Gelernte in eine Spielsituation: Du spielst mit deinem Hund ein Zerrspiel. Nach einer Weile hörst du auf und beobachtest deinen Hund (möglichst ohne frontalen Blick, eher aus den Augenwinkeln). Sobald er loslässt, kommt das Markersignal, und die Belohnung ist, dass du weiterspielst. Du kannst mehr Aufregung in das Spiel geben, und die Übung wiederholen.
3. Schritt: Du führst das Wortsignal ein
- Wenn du 100,-€ verwetten würdest, dass dein Hund jetzt loslässt, sagst du das Wort dazu.
- Erst ganz am Ende einer langen Übungszeit sagst du das Wortsignal wirklich als Signal, das heißt, vor dem Verhalten.
Wenn du Schritt für Schritt übst, gibt er dir irgendwann auch dein Leberwurstbrot zurück. Guten Appetit!
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