Vor 5 Jahren zog unter traurigen Umständen Bisou bei uns ein, ein damals sechsjähriger Collierüde. Meine damalige Hündin war damals zwar noch fit, aber schon älter und ich freute mich über einen jüngeren Hund, den ich für den Alltag trainieren wollte. Beim Joggen sollte er mich begleiten, und vielleicht auch am Rad und am Pferd mitlaufen… So war die Idee… Von Ines Grötker
Ich kannte Bisou als er bei uns einzog zwar schon ein paar Jahre, aber damals habe ich ihn noch nicht unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass das mal mein Hund wird. Ich wusste, dass er nicht so auf Wasser steht und sehr an anderen Hunden interessiert ist. Er zog bei uns ein und ich begann, mit Marker und einem neuem Rückruf. Tja und das lief dann doch anders als gedacht. Die Reaktionszeit von Bisou war (und ist) irgendwie verzögert.
Irgendwie langsam
Markere ich zum Beispiel das Stehenbleiben an der Straße, erfolgt die Reaktion auf den Marker oft erst fast auf der anderen Straßenseite. Nach dem „Warte“ (=kurz anhalten) trullert Bisou noch mindestens fünf Meter weiter, bis eine Reaktion erfolgt. Nach dem Rückruf kommt Bisou höchstens gemächlich angetrabt (oder bleibt einfach stehen). Und ich habe viiieeeeele Verstärker probiert. Beim Tricksen oder gar Shapen muss ich in winzigen Schrittchen vorgehen und selbst da ist er sehr schnell gestresst und steigt aus. Wasser und Matsch geht gar nicht, da geht es angewidert im Zeitlupenschritt durch. Das heißt, im Winter gehen weder Felder noch Wald, sondern nur Asphalt. Joggen, Radfahren, am Pferd mitlaufen – alles nicht seine Hobbys. Eigentlich sind seine einzigen Interessen Schnüffeln und Markieren. Und ja , er wurde gründlich medizinisch durchgescheckt.
Erwartungen
Nach und nach kam die Erkenntnis, dass dieser Hund anders ist, als ich ihn mir so vorgestellt hatte und auch anders als viele andere Hunde, die ich kenne. „Die Leitung ist so lang wie die Nase“, trifft es oft ganz gut. Für mich waren viele Situationen recht ernüchternd. Ich musste lernen, viel Geduld zu haben und mich auch einfach von vielen Vorstellungen und Ideen verabschieden. Durch Bisou habe ich gelernt, den Hund auch einfach zu lassen, meine Erwartungen gänzlich zurück zu schrauben und vor allem, dass nicht alles trainierbar ist (zumindest nicht mit meinem Maß an Geduld).
Ganz anders
Vor zwei Jahren ist dann Winny bei uns eingezogen, ein Papillonmädchen und das krasse Gegenteil von Bisou. Wen wunderts: Das war eine bewusste Entscheidung von mir. Schnell, sowohl geistig als auch körperlich, fordert und fördert sie mich in ganz anderer Art und Weise und mit ihr kann ich all das machen, was mit Bisou nicht möglich ist. Bisou hätte sehr gut auf sie verzichten können. Allerdings denke ich, dass er auch von ihr profitiert, da ich an ihn einfach keine Erwartungen mehr habe. Er findet es toll, dabei zu sein und dafür was abzustauben, wenn ich mit Winny was übe. Und manchmal überrascht er mich, dass er sich dann etwas abguckt, oder weiß, nach welchen Signalen es zuverlässig tolle Sachen gibt. Wahrscheinlich ist er in Wirklichkeit superschlau und einfach nur extrem ökonomisch unterwegs. Die Hunderunden stimme ich auf die Bedürfnisse ab: Bisou bekommt seine Apshaltrunden, mit Winny gehts in den Matsch. Außerdem ist Bisou jetzt fast elf Jahre alt und geht auch gerne mal kürzere Runden.
Fazit
Bisou ist zwar definitiv nicht „mein Hundetyp“, trotzdem bereue ich nicht, ihn bei uns aufgenommen zu haben. Er ist ein sehr liebenswerter Kerl. Auf seine Art hat er mir viel beigebracht und hat meine Tochter zum Hundefan werden lassen. Mein Mann findet ihn super. Er entspricht viel mehr seinen Vorstellungen als Winny. Mein großes Fazit aus dem Zusammenleben mit dem Hund, der „anders“ ist: Man kann seine Erwartungen nicht einfach dem Hund überstülpen, sondern muss auch einfach einsehen, dass es Dinge gibt, die man mit einem Hund nicht erreichen kann und die mit diesem Hund vielleicht nicht trainierbar sind. Trotzdem kann man gut zusammen leben.
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