In unserer Reihe „Rassebeschreibungen ungeschönt“ möchten wir dir einige beliebte Hunderassen vorstellen. Wichtig ist zu wissen, dass eine Rassebeschreibung ein von Menschen erdachtes Idealbild darstellt. Das heißt, dass nicht jeder Rassehund seiner Rassebeschreibung entspricht. Jeder Hund ist ein Individuum. Außerdem solltest du wissen, dass manche Rasseeigenschaften auf dem Papier zwar ganz nett klingen, in Wirklichkeit aber je nach Lebenssituation des Hundes zu unerwünschten Verhaltensweisen führen können. Verena Nerat hat da mal was zu „ihrer“ Rasse, dem Epagneul Breton, zusammengefasst.
„Ein Maximum an Qualität in einem Minimum an Volumen“ – so lautet der Slogan des französischen „Club de l’Epagneul Breton“. Durch seine vielen wertvollen Merkmale, seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und sein liebevolles Wesen wurde der Bretone zur weltweit am meisten geführten kontinentalen Vorstehhunderasse. Alleine in Frankreich, der Heimat des Bretonen, werden jährlich ca. 5500 Welpen im französischen Stammbuch eingetragen.
Die Geschichte
Wie der Name schon besagt, stammt der Bretonische Vorstehhund aus dem Herzen der Bretagne, einer westfranzösischen Region. Die genaue Herkunft der Rasse ist nicht belegt. Erste Zeugnisse gehen aber bis 200 n. Chr. zurück, wo im Buch „Kynogetika“ über die Jagd in der Bretagne mit diesem Vogelhund berichtet wird. Weiters findet man den Typus dieses kleinen rot-weißen sogenannten Hühnerhundes bereits auf Gemälden und Stickereien aus dem Mittelalter, wo er als begehrter Helfer bei der Jagd mit dem Falken galt. Um 1880 reisten viele reiche, britische Jäger mit ihren hochspezialisierten Hunden wie Laverack Setter oder Pointer zur beliebten Schnepfenjagd in die raue Bretagne. Oft wurden diese Hunde bis zur nächsten Jagdsaison dort in Pension gegeben. Dabei dürfte es beim Vicomte de Pontiac zur ungewollten Verpaarung zwischen einer English Setter Hündin und einem ursprünglichen Epagneul Breton Rüden gekommen sein. Die Welpen, die diesem Wurf entstammten, erwiesen sich als ausgezeichnete Jagdhunde, in denen sich die Robustheit und Jagdpassion des ursprünglichen Bretonen und der hervorragende Suchenstil, Vorstehqualitäten und die Eleganz des Setters vereinten. Der Gutsverwalter Enaud des Vicomte war so angetan von diesem Wurf, dass er sich der Weiterzucht widmete und eine Hündin des Wurfs als Stammhündin auserkor, die auf einer Hundeausstellung in Paris auf großen Gefallen stieß. Er gründete schließlich 1907 den „Club L´Epagneul Breton à queue courte naturelle“. Im gleichen Jahr wurde der erste Rassestandard verfasst. Zu den Merkmalen zählte schon damals die natürlich angeborene Stummelrute.
Das Erscheinungsbild
Im Laufe der Jahre gelang es Arthur Enaud, das Erscheinungsbild des Bretonen zu vereinheitlichen. Erst 1956 wurde der Standard dahingehend geändert, dass alle heute vorkommenden fünf Farbvarietäten, nämlich weiß/orange, weiß/schwarz, trikolor weiß/schwarz/orange, trikolor weiß/kastanienbraun/orange und weiß/kastanienbraun zugelassen wurden, bis dahin waren nur weiß/orange und weiß/kastanienbraun erlaubt. Die ursprüngliche Farbe des Bretonen ist weiß/kastanienbraun. Erst nach der Verpaarung mit dem Setter kam die orangene Farbe dazu. Heute ist die weiß/orangene Farbe die am häufigsten vorkommende. Übrigens: Der Begriff „Epagneul“ leitet sich vermutlich nicht von „Spaniel“ ab, sondern vom französischen „s´épanir“. Bevor es Schußwaffen gab, wurde nämlich mit Netzen gejagt. Dabei begab sich der Hund vor dem Wild in Downlage und das Netz wurde über Hund und Beute geworfen. Der Bretone ist also kein Stöberhund wie die Spaniels, sondern ein reiner Vorstehhund.
Der Epagneul Breton heute
In Deutschland wird die Rasse seit 1978 durch den von Friedrich Fährmann gegründeten „Club für Bretonische Vorstehhunde e.V.“ vertreten. Hierzulande (Österreich, Anm. d. Red.) gibt es seit 1983 den „Österreichischen Club für Bretonische Vorstehhunde“. Pro Jahr werden in Deutschland im Durchschnitt zwischen 40 und 50 Welpen gewölft, die nur an Jäger und Falkner vergeben werden. Auch wenn sich der Bretone grundsätzlich bei genügend Auslastung als „Familienhund“ eignet, gilt seine Passion der Jagd und wer einmal den Bretonen auf der Jagd erleben durfte, wird dies auch verstehen. Im Mutterland Frankreich kommen pro Jahr rund 5500 Welpen auf die Welt, die Gesamtpopulation beträgt rund 90.000 Bretonen. Der französische Club züchtet auch heute noch nach dem Motto „le bon et le beau“ (leistungsfähig und schön) mit dem Ziel der Erhaltung und Verbreitung des urtypischen Bretonen. So ist der bretonische Vorstehhund bis heute größtenteils eine sehr robuste und gesunde Rasse geblieben.
Seine Beliebtheit auf der Jagd
Der Bretone gilt als absolut zuverlässiger, vielseitig einsetzbarer Jagdgebrauchshund mit enormer Leistungsfähigkeit und Ausdauer, hervorragender Suche und Vorstehqualitäten. In Deutschland wird er trotz seiner geringen Größe von maximal 52 cm oftmals auch als Vollgebrauchshund eingesetzt. Das heißt, er führt sämtliche bei einer Jagd notwendigen Arbeiten, sowohl vor als auch nach dem Schuss, aus. Seine Stärken liegen aber eindeutig in seiner recht rasanten, weiträumigen, sehr konzentrierten Suche, seiner Feinnasigkeit und seinem sicheren und festen Vorstehen. Bretonen gelten als hochpassionierte, enorm arbeitsfreudige, ausdauernde, intelligente und unermüdliche Hunde, die ihre Aufgaben sowohl auf dem Feld wie auch im Wasser, auch bei schwierigen Verhältnissen wie im Schilf, zuverlässig verrichten. Er ist außerdem ein guter Verlorenbringer und ausgezeichnet bei der Schweißarbeit.
Ein Familienhund?
All diese Eigenschaften lassen schon erahnen, dass sich der Epagneul Breton keinesfalls als reiner „Familienhund“ (wobei man hier anmerken sollte, dass sich die wenigsten Rassen als reine „Familienhunde“ eignen) ohne wirkliche Aufgabe eignet. Wer einen Bretonen sein eigen nennt, hat einen absolut liebevollen Hund an seiner Seite, aber man muss seinem enormen Bewegungsdrang, seiner Lauffreude und seiner Jagdpassion gerecht werden. Natürlich ist der Bretone am glücklichsten, wenn er als Jagdgehilfe mit seinem Menschen durch Wald & Wiese streifen darf. Aber er ist auch ein kleiner Allrounder und eignet sich prinzipiell sehr gut für die diversen Hundesportmöglichkeiten wie Mantrailing, Dummyarbeit, Obedience oder Agility. Einige Bretonen finden ihren Einsatz auch als Lawinensuchhund, Katastrophenhund (z.B. Trümmer), Drogensuchhund oder ähnlichem. Bei ausreichender Beschäftigung ist das kleine Energiebündel ein eher unkomplizierter, umgänglicher, liebevoller Hund von äußerst sanftem Wesen, der viel Liebe und Zuwendung benötigt und diese auch von seinem Menschen regelrecht fordert. Anderen Menschen und Hunden gegenüber ist er sehr umgänglich und verträglich. Er gilt als sehr leichtführig und extrem sensibel, stur und intelligent. Man kann ihn schon fast als den Perfektionisten unter den Hunden bezeichnen, da er bei Misserfolg schnell die Ohren hängen lässt. Er versucht immer, sein Bestes zu geben.
Wie sieht nun der Epagneul Breton eigentlich aus?
Mit seinen maximal 52 cm Größe und ca. 13-15 kg ist der Bretone der kleinste von der FCI anerkannte Vorstehhund überhaupt. Der Bretone ist ein kompakter, kräftiger und eher stämmiger Hund, jedoch mit einer gewissen Eleganz und ohne schwerfällig zu wirken. Sein Ausdruck ist lebhaft, aufgeweckt und voller Energie. Eine im Standard niedergeschriebene, wichtige Körperproportion ist, dass der Schädel im Verhältnis zum Fang 2:3 länger ist. Eine Besonderheit der Rasse ist die sogenannte Anurie (angeborene Rutenlosigkeit), die bereits im ersten Rassestandard von 1907 verankert wurde. Es gibt ihn aber auch mit wunderschöner, langer Rute.
Der Bretone aus dem Tierschutz
Vor allem in Spanien sitzen leider viele dieser tollen Hunde in den sogenannten „perreras“ (Tötungsstationen). Mittlerweile gibt es Dutzende von Tierschutzorganisationen, die die Hunde frei kaufen und in Deutschland und Österreich auf Pflege- bzw. Endstellen vermitteln. Leider hört man immer wieder, dass Bretonen als süße, kleine Mischlinge ohne besonders nennenswerten Jagdtrieb vermittelt werden. Nach einiger Zeit der Eingewöhnung im neuen Zuhause werden die Hunde meist selbstsicherer und der Jagdtrieb und enorme Bewegungsdrang zeigen sich langsam. Viele Menschen sind damit heillos überfordert. Wer sich einen Bretonen – egal ob aus dem Tierschutz oder von einer Zuchtstätte – holen möchte, muss sich einfach bewusst sein, dass er sich ein wahres Energiebündel ins Haus holt, das entsprechend körperlich und mental ausgelastet werden muss. Das beansprucht wiederum viel Zeit, Geduld und auch Wissen. Wer sich aber auf das spannende „Abenteuer Bretone“ einlässt, wird dafür sicherlich tausendfach belohnt werden.
Liebhaber online
Wer sich für einen Epagneul Breton interessiert, ist herzlich willkommen in der Facebook Gruppe „Epagneul Breton – Deutschland“, wo viele Besitzer von Bretonen aus dem Tierschutz bzw. vom Züchter von ihren Erfahrungen erzählen und mit Rat & Tat zur Seite stehen. Auch beim deutschen Club für bretonische Vorstehhunde können gerne Informationen eingeholt werden (www.der-bretone.de)
Über die Autorin Verena Nerat
Verena Nerat lebt mit ihrem Lebensgefährten und ihren zwei Epagneul Breton Mädels Izaya (aus dem Tierschutz) und Nina (vom Züchter) in Salzburg, wo sie auch eine private Hundeschule mit Schwerpunkt Jagdkontrolltraining führt. Beide Hunde werden in Obedience & Dummytraining ausgebildet, was ihnen viel Spaß macht und für die nötige Auslastung sorgt.
www.epagneulbreton.at
www.hundherum-positiv.at
Bildquelle
- Alle Fotos: Verena Nerat
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