Von rennenden Katzen und fliegenden Leckerchen – Hunde richtig belohnen

Und noch einmal Rückruftraining! In unserem letzten Artikel ging es um das passende Rückrufsignal und darum, dass es manchmal sinnvoll sein kann, „Bananentorte“ zu rufen statt „Hiiiieeeer“. Heute beschäftigen wir uns mit einer weiteren Stolperfalle beim Rückruftraining: Den passenden Belohnungen.
Hey Fiffi-Trainerin Sonja Meiburg gibt ein paar Denkanstöße.

richtig belohnen
Bildquelle: Lara Meiburg Photographie

„Wenn der die Katze wegrennen sieht, dann brauche ich nicht mit dem Leckerchen winken. Das interessiert ihn in dem Moment nicht mehr. Da ist der weg!“ Kennste, ne? Ist ja auch irgendwie logisch. Wenn dein Hund der Katze hinterherfetzt, hat er kein großes Interesse daran, ein paar Gutties zu kauen. Er mag auch nicht von dir gestreichelt oder gelobt werden, sondern er will *tusch*große überraschung* Hetzen, Rennen und (vielleicht) Packen. Da hilft es halt nix, wennste mit der Leberwurst winkst.

Die Geschichte des Rückruftrainings – Voller Missverständnisse

Wenn es ums Rückruftraining geht, gibst es oft die Anweisung „Du rufst deinen Hund und wenn er folgt, bekommt er ein Leckerchen.“ Das ist ja erst einmal nicht total falsch…wenn dein Hund das Leckerchen mag. Wenn nicht, kann auch das Leckerchen schon ein Problem sein, denn etwas, was dein Hund nicht mag, ist auch keine Belohnung. Auf dem Hundeplatz sehe ich immer mal wieder Menschen, die ihren Hund eigentlich für´s Zurückkommen gar nicht belohnen möchten, so nach dem Motto „Nicht gestraft ist belohnt genug“. Um sich nicht völlig die Blöße zu geben, wenn ich sage „Ich möchte, dass du deinen Hund belohnst, wenn er kommt“, verwenden sie dann staubtrockene Trockenfutter-Bröckchen („Die mag er zu Hause auch ganz gern“), die sie dann auch noch in den Händen zerkleinern, damit der Hund ja nicht zu viel belohnt wird. Und wenn der Hund dann nicht folgt und etwas angeekelt die Nase rümpft, heißt es: „Siehste, das funktioniert nicht.“

Gefühlssache

Hey, ich habe eine Neuigkeit für dich: Sobald dein Hund ohne Leine unterwegs ist, kann er sich aussuchen, ob er zu dir kommt oder nicht! Und er wird dann zu dir kommen, wenn sich das Zurückkommen für ihn mindestens genauso gut anfühlt, als wenn er einfach von dir wegbleiben würde. Und wie mag sich wohl ein Stückchen zerbröseltes und angestaubtes Trockenfutter anfühlen, wenn vor deinem Hund die Katze über die Straße rennt? Rate! Wundersamerweise funktioniert dabei aber auch oft die Leberwurst nicht. Und da sind wir wieder bei dem Gefühl. Wenn die Katze über die Straße rennt, will dein Hund gar nicht fressen. Also zumindest nicht die Leberwurst. Wenn er also zu dir kommt und in seiner Jagdaufregung Futter angeboten bekommt, fühlt sich das für ihn oft gar nicht so gut an, als ob er die Katze weiter gejagt hätte. Die Leberwurst ist also für diese Situation gar keine so gute Belohnung. Außer, du hast einen Hund, der für Leberwurst jede kreischende Katze links liegen lässt. In diesem Fall solltest du natürlich gerne weiter mit Leberwurst belohnen. Aber viele Hunde interessiert die Leberwurst in diesem Moment nicht mehr. Und was nicht interessiert, ist keine passende Belohnung. Und keine passende Belohnung bedeutet, dass das Verhalten „Zurückkommen“ von dir nicht bestärkt wurde und damit in Zukunft nicht häufiger gezeigt wird. Punkt.

Was dein Hund mag

Du erinnerst dich noch an die Anweisung „Du rufst deinen Hund und wenn er folgt, bekommt er ein Leckerchen“, oder? Und du verstehst, warum das nicht immer sinnvoll ist, oder? Besser wäre die Anweisung „Du rufst deinen Hund und wenn er folgt, bekommt er etwas, was er in diesem Moment richtig gerne mag.“ Klingt anders, oder? Das, was er richtig gerne mag, ist nicht den ganzen Tag über gleich. Ich persönlich mag total gerne ein herbes Pils und dazu ein Stückchen Schokolade. Ja, das ist schräg, ich weiß. Und ich habe, nachdem ich das jetzt geschrieben habe, die Befürchtung, dass ich in meinen nächsten Seminaren von den Veranstaltern mit jeder Menge Pils und Schokolade versorgt werde. Positive Bestärkung funktioniert halt auch beim Menschen und sogar bei mir. Haaaaaalt!! Ich kann nämlich glaubhaft versichern, dass ich Pils und Schoki zwar abends um halb acht nach einem tollen Arbeitstag großartig finde, morgens um halb sechs zum Frühstück davon aber weniger begeistert bin. So ähnlich geht es deinem Hund auch. Beim Morgenspaziergang in der Frühlingssonne ohne große Ablenkungen hat dein Hund bestimmt Lust auf ein Stückchen Wiener. Mittags, wenn die Halb-Eins-Katze plötzlich vorbeirennt, sieht das aber anders aus. Da kannste dir deine Wiener auch selbst in den Mund stecken, während dein Hund um die nächste Ecke verschwindet und die Katze auf den Baum jagt.

Passende Belohnungen

Tja, woher weißt du denn, was dein Hund wann mag? So schwer ist das gar nicht. Geh in Gedanken einfach mal einen Spaziergang durch. Was tut er da gerne? Buddelt er gerne da, wo es möglich ist? Rennt er gerne? Schnüffelt er gerne? Hetzt er gerne? Wälzt er sich gerne? Und wie ist das in Situationen, in denen er nicht so einfach abrufbar ist? Was würde er da am liebsten tun? Einen Hundekumpel begrüßen? Die Katze hetzen? Einen Fahrradfahrer verfolgen? Einen Fußgänger begrüßen? Wenn du weißt, was dein Hund in bestimmten Situationen gerne tut, kannst du daraus tolle Belohnungen basteln. Buddeln und Wälzen und Schnüffeln kannst du wunderbar unter Signal bringen und als Belohnung einsetzen, wenn es passt. Wenn die Situation passt, kannst du deinen Hund zur Belohnung für einen Rückruf auch den Hundekumpel begrüßen lassen.

Belohnungen für verbotene Sachen

Die Katze zu hetzen, einen Fahrradfahrer zu verfolgen oder einen Fußgänger zu begrüßen, ist natürlich nicht möglich. Überlege dir in solchen Situationen: Was treibt deinen Hund an? Was will er? Will er rennen? Dann mach doch zur Belohnung mit deinem Hund ein Rennspiel auf Signal! Eins, bei dem er richtig durchstarten kann! Vielleicht nutzt du zum Abruf in solchen Situationen auch gleich ein Action-Signal wie zum Beispiel den U-Turn, statt deinen Alltagsrückruf zu verwenden. Will er vielleicht etwas packen? Für so etwas eignet sich ganz besonders gut ein Fellspielzeug an einer Schnur, das er mit Karacho verfolgen, reinpacken und zerren kann. Will er vielleicht begeistert zu Passanten hinlaufen, hochhüpfen und das Gesicht abschlecken? Hey, so was kann dein Hund auch bei dir haben! Wenn du ihn von Passanten abrufst, könnte es zum Beispiel eine tolle Belohnung sein, wenn du ihn auf Signal auf deinen Arm (oder bei größeren Hunden mit den Vorderpfoten auf deinen Unterarm) springen lässt und ihn durchkuschelst. Oder wenn du ihn fest an deine Beine drückst und dort ein wenig verschmust, wenn er das mag. Oderoderoder… Über dieses Thema könnte ich ein ganzes Buch schreiben! Die Dinge, die dein Hund mag, sind extrem individuell. Sie sind von Hund zu Hund anders. Die Möglichkeiten sind schier endlos! Beobachte deinen Hund und überlege, wie du seiner Motivation am besten entsprechen kannst. Dafür brauchst du nicht mit einem schweren Rucksack voller Spielzeug oder kiloweise Leckerchen in den Wald rennen. Nimm das, was da ist. Meine Hunde sind zum Beispiel immer voll drauf abgefahren, wenn ich auf einem Grashalm gepfiffen habe. Mit dem Grashalm wurden sie von mir immer ein wenig geneckt und am Schluss durften sie sich den weichen Halm schnappen und zerrupfen. Das Geräusch in Verbindung mit meiner auffordernden Spiel-Körpersprache plus Schnappen plus Zerrupfen war immer ein absolutes Belohnungs-Highlight. Was mag dein Hund? Ich bin sicher, du findest eine Menge Dinge, mit denen du belohnen kannst, wenn du dir ein wenig Zeit nimmst, um zu beobachten.

Wenn´s mal schnell gehen muss

Hach, manchmal bin auch ich ein wenig unkreativ. Dann müssen eben Spielzeug und Leckerchen reichen. Aber es steht nirgendwo geschrieben, dass ich meinem Hund ein Spielzeug unbedingt werfen oder ein Leckerchen einfach in den Mund stecken muss. Es gibt so viel mehr. Brauchst du ein paar Anregungen, wie du Spielzeug oder Leckerchen attraktiver machen und damit der Motivation deines Hundes etwas mehr entsprechen kannst? Dann mal los!

Du kannst sowohl Spielzeug als auch Leckerchen:

Du bleibst spannend!

Wenn du die Belohnung beim Rückruf an die Motivation deines Hundes anpasst und dir Dinge überlegst, die er in dem Moment, in dem du rufst, wirklich klasse findet, bleibst du spannend! Du machst nicht automatisch immer dasselbe. Du steckst automatisch immer die Hand in den Futterbeutel und dein Hund weiß nicht automatisch, was ihn als Belohnung erwartet. Das hat einen ganz großen Vorteil: Dein Hund fängt nicht an, abzuwägen. Wenn er weiß, dass beim Rückruf immer ein Stück Wiener kommt, wird das Hundegehirn irgendwann „Der Hase oder doch lieber das Stückchen Wiener?“ gegeneinander aufrechnen. Und wenn deinem Hund dann nach Hetzen ist und nicht nach Kauen, dann hat die Wiener leider verloren. Wenn du aber seiner Motivation mit deinen Belohnungen möglichst häufig entsprichst, weiß er nicht genau, was kommt. Er weiß aber, dass es etwas Gutes ist. Und wenn du mal nicht so superpassend belohnen kannst, ist das auch nicht weiter schlimm, denn dein Hund ist es ja schon gewohnt, dass es sich supergut anfühlt, wenn er zu dir gelaufen kommt. Wenn es dann beim nächsten Mal wieder passend ist, stimmt es für deinen Hund dann auch wieder. Es macht ihn resistenter gegen mögliche Enttäuschungen, wenn du rufst. Ist doch perfekt! Überlege dir also ganz gut, was du beim nächsten Mal als Belohnung verwendest, wenn du rufst. Am besten weißt du das schon, bevor du rufst, damit du nicht verzweifelt auf dem Rückweg deines Hundes erst überlegen musst und dann doch zum üblichen Leckerchen greifst.

Und so geht´s weiter

Wenn du passende Belohnungen gefunden hast, kannst du dann richtig ins Training einsteigen! Wie du vom Rückruf-Kindergarten in die Rückruf-Uni kommst und wie du Ablenkungen geschickt in dein Training einbaust, verrät dir dann unser nächster Artikel.

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