Für Eltern: Finger weg von Angst- und Schmerzreizen in der Hundeerziehung!

„Und auf einmal hat er mich ins Gesicht gebissen und ich verstehe nicht, warum!“ Hovawart Mischa (Name geändert) sollte eingeschläfert werden, aber die Tierärztin hat sich geweigert und stattdessen empfohlen, sich mit Hey Fiffi-Trainerin Sonja Meiburg in Verbindung zu setzen. Eine wahre Geschichte über Training mit Schmerzreizen und dessen Folgen.

Kind und Hund

Bist du nicht nur Hundehalter, sondern auch Mama, Papa, Oma, Opa oder hast ab und an Kinder zu Besuch? Dann empfehle ich dir ganz eindringlich, genau zu überlegen, wie du deinen Hund erziehst. Das gilt vor allem dann, wenn Kinder in der Nähe sind.

Mischas Geschichte

Es ist schon eine Weile her, aber ich sehe noch das Gesicht von Mischas Halterin, Mutter von zwei Kindern (vier und sechs Jahre), vor mir. Die Narben des Hundebisses waren auch nach ihrem Krankenhausaufenthalt noch nicht ganz verheilt und mit kleinen Pflastern versehen. Mischa war ein ziemlich großer Hovawart-Rüde, erst anderthalb Jahre alt. Als ich zum ersten Hausbesuch kam, war er extrem aufgeregt, hibbelig und ließ sich nur schwer beruhigen. Er zeigte allerdings keine wirklich aggressiven Tendenzen. Nur seine Frusttoleranz ließ ein wenig zu wünschen übrig. Nun gut, er war ein junger, unkastrierter Bube, dem bisher keiner gezeigt hatte, dass man sich als Hund zwischendurch auch mal entspannen kann. Nicht ungewöhnlich und nichts, was nicht gut in den Griff zu bekommen wäre. Also ließ ich mir den Beißvorfall schildern: „Ich habe mich wie immer abends zu ihm in den Flur gesetzt und wollte ihn an den Ohren kraulen. Plötzlich schnappte er zu. Auf einmal hat er mich ins Gesicht gebissen, und ich verstehe nicht, warum!“ Und so begann die Spurensuche. „Wenn er eine Kindersocke erwischt, läuft er damit fort und gibt sie nicht wieder her!“, sagte Mischas Halterin. Hm, könnte es Ressourcenverteidigung gewesen sein? Vielleicht war kurz vor dem Beißvorfall eine Kindersocke in Mischas Körbchen geraten, ohne dass sein Frauchen das gemerkt hatte. Also haben wir einfach mal mit Aus-Training angefangen. Wir haben ein wenig hin- und hergetauscht und Mischa gab auch Kindersocken freudig wieder ab. Plötzlich sagte die Halterin „Ach so geht das!!! Ich habe ihm immer feste die Ohren verdreht, wenn er die Socke nicht wieder hergegeben hat, damit er loslässt!“ … … … Ja, so hab ich auch geschaut. Der Beißvorfall war dann schnell geklärt: Mischas Frauchen hat nach seinem Ohr gefasst, um ihn zu streicheln. Mischa dachte: „Sie tut mir wieder weh!!“ und er hat sich gewehrt. Schlimm für die Halterin, schlimm für den Hund. Noch schlimmer wäre es gewesen, wenn eines ihrer Kinder versucht hätte, den Hund in dieser Situation ans Ohr zu fassen. Was dann passiert wäre, kann sich wohl jeder ausmalen.

Kinder lernen durch Nachahmung

Du verdrehst deinem Hund das Ohr, wenn er eine Kindersocke nicht wieder hergeben will? Du fasst ihm ins Genick und drückst ihn auf den Boden, wenn versucht, auf die Couch zu springen? Du rammst ihm dein Knie in den Bauch, wenn er versucht, an dir hochzuspringen? Und dein Kind schaut zu? Herzlichen Glückwunsch! Die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich groß, dass dein Kind versucht, dein Verhalten zu imitieren. Selbst, wenn sich dein Hund von dir hemmen lässt, ohne sich zu wehren, heißt das noch lange nicht, dass er sich auch von deinem Kind hemmen lässt. Was ist, wenn er sich dann wehrt? Willst du das riskieren?

Doofe Verknüpfungen

Du schreist „Nein!“ oder reißt deinen Hund am Halsband, wenn er aus lauter Begrüßungsfreude an deinem Kind hochspringen will? Du haust ihm mit einem scharfen „Lass das!“ auf die Schnauze, wenn er versucht, dein Kind abzuschlecken? Du reißt ihn mit einem „Hör sofort auf!“ an der Hausleine, wenn er versucht, einem Ball hinterherzurennen, mit dem deine Kinder gerade spielen? Woher weißt du, dass dein dein Hund lernt: „Oh, das darf ich nicht“? Könnte es nicht auch sein, dass er lernt: „Immer, wenn das Kind dabei ist, ist es für mich unangenehm. Kinder sind doof!“?

Was, wenn dein Hund sich bedroht fühlt?

Und es kann natürlich genau das passieren, was bei Mischa passiert ist: Dein Hund hat schon erlebt, dass ihm eine bestimmte Berührung von dir Schmerzen verursacht. Und dann berührt dein Kind aus Versehen genau die Stelle, die dein Hund mit deinen Strafen verknüpft. Dann kann es gut passieren, dass dein Hund aus reinem Reflex heraus zubeißt.

Sei vorsichtig!

Wir von Hey Fiffi stehen ja für eine Hundeerziehung über positive Bestärkung und ohne Schreck- oder Schmerzreize. Und das nicht einfach nur, weil wir unbedingt so nett sein wollen zu unseren Vierbeinern. Sondern auch, weil wir aus Erfahrung wissen, wie schnell eine Erziehung mit Schreck- oder Schmerzreizen einem um die Ohren fliegen kann. Das gilt erst recht, wenn Kinder mit im Spiel sind. Bitte achte darauf, dass dein Hund nur gute Erfahrungen macht, wenn Kinder in der Nähe sind. Wenn er an ihnen hochspringen möchte, bring ihm freundlich bei, sich stattdessen zu setzen. Du kannst dafür auch eine Sitz-Dose verwenden. Die macht Hund und Kind Spaß. Wenn er dein Kind abschlecken möchte und dir das nicht recht ist, dann rufe deinen Hund doch einfach zu dir. Wenn er dem Ball deiner Kinder hinterherrennen möchte, halte ihn bei dir in einer sicheren Entfernung, in der er noch ruhig bleiben kann und gib ihm zum Beispiel einen Kauknochen, mit dem er längere Zeit beschäftigt ist. Es gibt noch viel mehr Möglichkeiten, mit Kindern und Hunden so zu leben, dass alle Beteiligten Spaß aneinander haben. So lernen Kinder und Hunde, gefahrlos und liebevoll miteinander zu wachsen.

Buchtipps

Die Buchreihe „Verstehen, Staunen, Trainieren, Entdecken“ im Canimos-Verlag
Leider nur auf englisch erhältlich: „Living with Kids and Dogs without losing your mind“ von Colleen Pelar

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