Physio to go – jetzt geht es los. Im meinem letzten Artikel „Physio to go“ habe ich dir schon erklärt, warum es sinnvoll sein kann, physiotherapeutische Übungen in den Spaziergang zu integrieren und was du dabei beachten solltest. Nun möchte ich dir einzelne Übungen vorstellen. Die folgenden Übungen sind bewusst auch für Anfänger geeignet, lassen sich schnell erlernen, sind aber deswegen nicht weniger effektiv. Von Daniela Maletzki
Ein Hinweis vorab: Ich möchte dich noch einmal darauf hinweisen, dass Sicherheit immer an erster Stelle steht, du deinen Hund zu nichts zwingen darfst und bei Unsicherheiten immer noch einmal einen Profi draufschauen lassen solltest.
Zunächst stelle ich dir Übungen vor, für die du keinerlei Equipment benötigst und die du ganz einfach zwischendurch auf jedem Spaziergang durchführen kannst, egal ob in Feld, Wald oder Wiese.
Führen an der Leine
Diese Übung bietet einen optimalen Einstieg und ist prima geeignet zum Warm-up. Dein Hund merkt, dass nun etwas passiert, ihr nun etwas gemeinsam tut und konzentriert sich auf dich. Wichtig dabei ist, dass dein Hund an lockerer Leine und ohne zu ziehen neben dir läuft. Ganz nebenbei förderst du also auch die Leinenführigkeit deines Hundes. Versuche einmal, ob du deinen Hund dazu bewegen kannst, dass er ganz bewusst im Schritt geht. Das klingt zunächst sehr einfach und banal, aber du wirst feststellen, dass das für deinen Hund vielleicht gar nicht so einfach ist.
Die meisten Hunde haben eher ein schnelleres Grundtempo, bleiben zwischendurch immer wieder stehen, um zu schnüffeln. Bewusstes Schrittgehen trainiert alle Muskelgruppen und lässt nebenbei auch gut erkennen, ob dein Hund vielleicht nicht ganz rund läuft. Bewegungsprobleme lassen sich im Schritt nicht so leicht ausgleichen, da dem Hund Schwung fehlt. Gerade am Anfang solltest du diese Übung nur sehr dosiert mit deinem Hund ausführen, da sie tatsächlich sehr anstrengend für ihn sein kann. Insbesondere, wenn er noch sehr jung ist, sich noch nicht sehr gut konzentrieren kann oder wenn er vielleicht schon gesundheitliche Einschränkungen hat. Wenn die Übung gut klappt, kannst du auch mal ein paar Biegungen und Wendungen einbauen oder einen Tempowechsel in den Trab. Ein zusätzlicher Effekt entsteht, wenn du für die Übung verschiedene Untergründe wählst. So förderst du zusätzlich die Wahrnehmung deines Hundes. Du kannst wechseln zwischen Asphalt, Schotter, Kies, Wiese (mit hohem oder tiefem Gras), Waldboden, Wasser (Bach oder Pfütze), Sand (sehr anstrengend), Schnee, etc.
Bergauf und bergab
Nun wirst du gemeinsam mit deinem Hund zum Bergsteiger. Beherrscht dein Hund das bewusste Schritt gehen an lockerer Leine, kannst du die Übung erweitern, indem du mit deinem Hund zusätzlich bergauf und bergab gehst. Wie steil du euren Anstieg wählst, hängst natürlich von deinem Hund ab. Du beginnst mit einer leichten Steigung und einer kurzen Strecke. Ein Auf-/Abstieg in gerader Linie ist anstrengender als in Bögen oder im Zickzack zu laufen. Bergauf trainierst du die Muskulatur der Hinterhand, bergab dementsprechend die Schultergürtelmuskulatur und die Muskulatur der Vorderhand. Aber Vorsicht: Hunde tragen physiologisch schon mehr Gewicht auf den Vorderpfoten als auf den Hinterpfoten. Hat dein Hund nun zusätzlich gesundheitliche Probleme im hinteren Bereich seines Körpers, verlagert er noch mehr Gewicht nach vorne. In diesem Fall solltest du darauf achten, dass das Bergablaufen deinen Hund nicht noch mehr belastet. Du könntest für den Abstieg einen anderen Weg nutzen als für den Aufstieg oder, wenn dies nicht möglich ist, gar nicht erst zu weit nach oben und in Bögen oder im Zickzack wieder nach unten gehen. Hat dein Hund vielleicht sogar Probleme, die seine Vordergliedmaße betreffen, solltest du auf das Bergabgehen verzichten.
Isometrische Übungen
Die isometrischen Übungen zählen zu meinen Lieblingsübungen, denn sie sind gut dazu geeignet, schonend Muskulatur aufzubauen und zu kräftigen. Nebenher wirken sie beruhigend und können dem Hund aktive Entspannung in stressigen Situationen bieten. Es handelt sich um statische Übungen. Der Muskel erzeugt eine hohe Muskelspannung, ohne dass der Körper und die Gelenke bewegt werden. Für die isometrischen Übungen legst du deine flache Hand auf die Muskulatur und baust flächigen, leichten Druck auf, bis du einen Gegendruck spürst. (Videoanleitung: https://www.hey-fiffi.com/gesundheit-des-hundes/isometrische-uebungen/). Solltest du keinen Gegendruck spüren, deinen Hund wegschieben oder sollte dein Hund dem Druck ausweichen, so war der ausgeübte Druck (noch) zu hoch. Druck und Zeitdauer solltest du nur langsam steigern. Dein Hund braucht Zeit, um die Übung zu verstehen (vorher zu Hause üben) und die Muskulatur Zeit, um sich auszubilden. Ich kündige die jeweilige Berührung übrigens vorher an. So weiß der Hund, was kommt, kann sich darauf einstellen und erschreckt sich nicht.
Je nachdem, an welcher Stelle du Druck ausübst, kannst du unterschiedliche Muskeln ansprechen:
- Druck an der Schulter – Trainiert die seitliche Muskulatur der Vorderhand
- Druck am Oberschenkel – Trainiert die seitliche Muskulatur der Hinterhand
- Druck auf die Brust – Aktiviert die gesamte Rumpfmuskulatur
- Druck diagonal an Schulter und Oberschenkel – Trainiert die Bauchmuskulatur und die Muskulatur der Gliedmaßen.
Sitz, Platz, Dehnen
Auch Übungen aus dem Bereich Grundgehorsam kannst du nutzen, indem du aus einem normalen Sitz, ein versammeltes Sitz machst und aus einem normalen Platz ein Down. Beim versammelten Sitzen achtest du darauf, dass dein Hund sehr gerade sitzt, ohne eine Pfote zur Seite auszustrecken. Nun bringst du ihn (entweder mit einem Leckerchen oder über den Handtouch) dazu, dass er seinen Kopf gerade nach oben streckt. Er soll den Hals richtig lang machen, ohne dabei aufzustehen. Beim Down legt der Hund aus der Platzposition (in der sogenannten Sphinxstellung) heraus, seinen Kopf auf dem Boden ab. Auch hier versuchst du, deinen Hund dazu zu bringen, dass er Kopf und Hals streckt. Diesmal soll er den Kopf weit nach vorne strecken, ohne seine Position zu verändern. (Videoanleitung: https://www.hey-fiffi.com/gesundheit-des-hundes/physiotherapie-fuer-hunde/uebungen-fuer-oldies/) Beide Übungen dienen der Dehnung der Nacken- und Rückenmuskulatur.
Augen auf beim Gassigehen
Für die nächsten Übungen benötigst du Equipment. Zum Glück musst du dazu zukünftig nicht mit einem Bollerwagen zum Spaziergang aufbrechen, sondern du nutzt einfach das, was du findest. Das können Baumstämme, Baumstümpfe, Bänke, Steine, Äste, Treppen, Bordsteine, usw. sein. Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, solange du auf die Sicherheit deines Hundes achtest.
Jetzt wird es wackelig
Balancieren ist eine tolle Koordinationsübung und erfordert viel Konzentration und Körperspannung. Gut geeignet sind Baumstämme, Bänke oder Mauern. Wenn dein Hund noch Balanceanfänger ist, dann wähle nur eine geringe Höhe und gehe neben deinem Hund mit und (unter-)stütze ihn, wenn es nötig sein sollte. Achte bitte auch darauf, dass dein Hund möglichst kontrolliert auf- und wieder absteigt. Das ist eine weitere gute Übung, da die meisten Hunde eher springen. Und auch das nicht aus großer Höhe. Bei dieser Übung geht es nicht um Schnelligkeit, sondern darum, dass dein Hund sich langsam und bewusst bewegt und seinen Körper ausbalanciert. Ist dein Hund Anfänger oder noch nicht so mutig, kann es anfangs auch reichen, sich erstmal im Stand auszubalancieren. Fortgeschrittene können auch mal ein Sitz oder Platz zwischendrin versuchen. Der Körper muss beim Balancieren vorausahnend Ausgleichsbewegungen einleiten, um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Neben dem Gleichgewichtssinn wird so das Zusammenspiel verschiedener Muskeln gefördert. Versuche, das Locken mit Futter zu vermeiden oder schnell wieder abzubauen, denn sonst konzentriert sich dein Hund nur auf das Futter und guckt nicht, wo er hintritt.
Hoch hinaus
Das erhöhte Stehen mit den Vorderpfoten (bei uns „Tap on“, du darfst es natürlich auch anders nennen), trainiert die Rücken- und Hinterhandmuskulatur deines Hundes. Beim „Tap on“ stellt der Hund seine Vorderpfoten zum Beispiel auf einen Baumstamm und bleibt mit den Hinterpfoten auf dem Boden stehen. So verlagert sich das Gewicht nach hinten auf die Hinterhand. Je höher dein Hund mit den Vorderpfoten steht, desto mehr Gewicht trägt er auf den Hinterpfoten und desto mehr muss er seinen Rücken strecken. Deswegen ist es wichtig, dass du die Höhe der Größe und dem Trainingsstand deines Hundes anpasst. (Eine kleine Anmerkung: Die Übung wäre natürlich auch umgekehrt möglich, ist aber dann eher für fortgeschrittene, gesunde Hunde geeignet). Du solltest außerdem darauf achten, dass dein Hund gerade steht und das Gewicht gleichmäßig auf beide Hinterpfoten verteilt. Profis können während des „Tap on“ zusätzlich abwechselnd Pfötchen geben.
Jetzt geht es rund
Wenn du mit offenen Augen spazieren gehst, wirst du jede Menge Möglichkeiten entdecken, um deinen Hund Slalom laufen oder um ihn etwas Umrunden zu lassen. Slalom und Umrunden trainieren die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die Intensität der Biegung in der Wirbelsäule lässt sich sehr gut darüber regulieren, wie eng der Hund seine Kreise zieht und sich biegen muss. Wichtig ist, ein gleichmäßiges Training beider Seiten und das dein Hund dabei nicht permanent zu dir hochschaut. Natürlich gäbe es auch noch viele weitere Übungen für unterwegs, aber mit den hier vorgestellten Dingen hast du schon eine gute Möglichkeit für den Einstieg und kannst das Ganzkörpertraining mit deinem Hund starten.
Ich wünsche dir und deinem Hund auf jeden Fall ganz viel Spaß beim Ausprobieren und Üben.
- Artikel: Physio to go – Der Physiospaziergang (Teil 1)
- Themenseite: Physiotraining
Bildquelle
- Alle Fotos: Daniela Maletzki
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