Physiotherapie muss nicht nur in der Praxis oder bei dir zu Hause stattfinden. Physio geht auch unterwegs, auf dem Spaziergang. Das macht nicht nur unheimlich Spaß, es sorgt auch für sinnvolle Beschäftigung (Hunde die sich langweilen, suchen sich ihre eigene Beschäftigung und die muss nicht unbedingt in deinem Sinne sein), lastet den Hund so aus und schult gleichzeitig sein Körpergefühl und seine Konzentration. Außerdem sind auch diese Übungen wieder dazu geeignet, Muskulatur aufzubauen und/oder zu erhalten. Ob Junghund, erwachsener Hund oder Senior: Die Übungen können individuell an Alter, Trainingsstand und Können angepasst werden und so ist für jeden etwas dabei. In Zukunft kannst du die Spaziergänge also nicht nur interessanter gestalten, sondern gleichzeitig auch noch etwas für die Gesundheit deines Hundes tun. Hey Fiffi-Trainerin Daniela Maletzki hat Tipps und Ideen für dich.
Eine kleine Zusammenfassung –Warum Physio to go?
- Vorbeugung vor Verletzungen – Dein Hund lernt, sich kontrolliert zu bewegen und ist so weniger anfällig für Fehltritte
- Prävention bei Altersbeschwerden – Muskelaufbau und -erhalt
- Früherkennung – Kann dein Hund eine Übung nicht ausführen, könnte das ein Hinweis auf ein Problem sein
- Körperliche und geistige Auslastung, sinnvolle Beschäftigung – Beugt Langweile vor
- Typgerechte, funktionale Beschäftigung – Übungen lassen sich individuell anpassen
- Beschäftigung durch Bewegung kann einen Ausgleich schaffen – Besonders für Sport- und Diensthunde, aber auch, wenn dein Hund den ganzen Tag zu Hause auf dich gewartet hat
- Beweglichkeit schulen – Sehr gut für grobmotorische Hunde
- Konzentration fördern – Vor allem bei jungen und/oder schnell erregbaren Hunden
- Selbstvertrauen stärken – Das Gefühl, den eignen Körper kontrollieren zu können und Aufgaben bewältigen zu können, gibt Sicherheit
- Warm up/Cool down vor/nach Freilauf, Sport, Spiel – Ein Kaltstart, zum Beispiel „Raus aus dem Auto und Vollspeed dem Ball hinterher“, kann zu Verletzungen führen und den Hundekörper stark belasten
- Bindungsaufbau – Gemeinsames Tun fördert die Bindung
- Und last but noch least – Es macht einfach Spaß
Safety first
Bei allen Übungen steht Sicherheit immer an erster Stelle. Du solltest also die Rahmenbedingungen so schaffen, dass dein Hund möglichst keine Fehler machen und sich auch nicht verletzen kann. Gerade am Anfang macht es Sinn, eine reizarme Umgebung zu wählen. Viele Übungen kannst du auch erst einmal zu Hause oder im Garten trainieren. Nutzt du „Hilfsmittel“ wie Baumstämme, Bänke, Steine, Pöller, solltest du darauf achten, dass diese rutschfest, standfest und ohne scharfe Ecken/Kanten sind. Außerdem sollten die Hilfsmittel, was Höhe, Abstände, etc. angeht, an Trainingsstand, Größe und Gewicht deines Hundes angepasst sein. Achte auf ausreichend Platz, damit dein Hund die Übung auch gut durchführen kann.
Insbesondere im Winter und nach Regen solltest du darauf achten, dass keine Rutschgefahr besteht. Im Sommer sollten Baumstämme nicht so trocken sein, dass sie splittern.
Kontraindikationen
Zunächst einmal gilt: Wenn du dir nicht sicher bist, ob die Übung für deinen Hund geeignet ist, wende dich an einen Fachmann und frage nach. Eine gute Anlaufstelle bietet dein Tierarzt/deine Tierärztin oder Hundephysiotherapeut/Hundephysiotherapeutin. Du solltest in jedem Fall auf die Übungen verzichten, wenn dein Hund akut krank ist, sich deutlich unwohl fühlt oder absolut nicht mitmachen möchte. Auch wenn sich viele der Übungen grundsätzlich auch für Hunde mit Erkrankungen des Bewegungsapparates eignen, solltest du sie dir vorher von einem Fachmann zeigen lassen, wenn dein Hund diesbezüglich Probleme hat.
Weitere Kontraindikationen sind:
- Lahmheiten
- Frakturen
- Luxationen
- Post-OP
- Infektionen
- Fieber
- Erkrankungen ungeklärter Ursache
- Diese Liste ist nicht abschließend
Bevor es los geht – Übungsaufbau
Mache deinen Hund zunächst langsam mit den Dingen, die du nutzen möchtest, vertraut. Wähle einen methodischen Aufbau. Du beginnst mit einer großen Unterstützungsfläche (die Fläche, auf der dein Hund steht und Halt findet) und verkleinerst diese schrittweise, wenn dein Hund die Übung beherrscht. Du wählst also zum Beispiel einem sehr breiten Baumstamm und erst, wenn dein Hund sich auf diesem gut ausbalancieren und bewegen kann, nimmst du einen schmalen. Außerdem gilt es zunächst auf einem stabilen Untergrund zu beginnen, bevor es auch einmal wackeln darf. Und auch die Übungen selbst müssen statisch erst sitzen, bevor sie dynamischer werden. Wichtig ist, dass dein Hund die Übungen bewusst durchführt und nicht nur blind durch die Gegend stolpert oder dem Leckerchen in deiner Hand folgt. Langsame Ausführungen sind besonders effektiv, allerdings auch anstrengender für deinen Hund. Antreiben solltest du deinen Hund nicht und vor allem auch zu nix zwingen. Beides führt entweder dazu, dass dein Hund die Lust verliert oder, schlimmer, zu Verspannungen, Verkrampfungen und damit zu einer gesteigerten Verletzungsgefahr.
Nebeneffekt – Beschäftigungsinseln
Eine weitere positive Begleiterscheinung des Physiospazierganges ist, dass sich der Hund die Stellen, an denen ihr die Übungen macht, merkt und sich so schon beim nächsten Mal eine gewisse Vorfreude einstellt. Geht ihr also regelmäßig in einem bestimmten Gebieten spazieren und macht dort immer an der gleichen Stelle eure Übungen, schafft ihr euch eine Beschäftigungsinsel. Einen Anlaufpunkt, der mit Training, aber auch mit Spaß und dem gemeinsamen Tun verknüpft ist. Diese Beschäftigungsinseln können euch auch beim Training von Problemverhalten nützlich sein. Hast du zum Beispiel einen Hund, der jagdlich stark motiviert ist und dem es im Wald schwerfällt, sich auf dich zu konzentrieren? Dann können dir diese Beschäftigungsinseln, die ja mit Training und Konzentration verknüpft sind, helfen.
Jeder (Gassi)Gang macht fit?
Möchtest du die Übungen nicht nur zur Beschäftigung (was natürlich auch möglich ist) nutzen, sondern wirklich einen Effekt erzielen, dann müssen sie regelmäßig stattfinden. Wie häufig du mit deinem Hund übst, hängt zunächst einmal von seinen individuellen Voraussetzungen ab und auch von eurem Alltag. Bedenke, dass dein Hund erst (Muskel-)Kraft und Ausdauer entwickeln muss, um Übungen ausführen oder Positionen halten zu können. Trainingspausen zur Regeneration sind genauso wichtig, wie das Training selbst. Du musst also jetzt nicht jeden Spazierweg zur Fitnessstrecke umfunktionieren. Ganz im Gegenteil: Du kannst und sollst auch weiterhin einfach nur mal so mit deinem Hund spazieren gehen, ohne irgendetwas von deinem Hund zu verlangen, ohne irgendetwas zu üben. Einfach nur in eurem eigenen Tempo durch die Gegend schlendern und dem Hund die Möglichkeit geben, um zu schauen, zu horchen und zu schnüffeln.
Jetzt habe ich dir jede Menge darüber erzählt, welche Vorteile physiotherapeutische Übungen auf dem Spaziergang haben können, was es zu beachten gibt und was du besser nicht tun solltest.
Wie die einzelnen Übungen konkret aussehen, das erfährt du im nächsten Artikel.
- Artikel: Physio to go – Der Physiospaziergang (Teil 2)
- Themenseite: Physiotherapie für Hunde
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