„Was Sie schon immer über traute Zweisamkeit wissen wollten, während Hunde im Haus sind, aber nie zu fragen wagten“, von Sonja Meiburg
Vorgestern war es wieder so weit: Wir haben in der Hey Fiffi-Redaktion wieder einen Hilferuf erhalten, den wir so oft erhalten und über den man kaum etwas öffentlich lesen kann. Wir haben bisher, wie von den Anfragenden gewünscht, diskret geantwortet, dachten uns aber: Das betrifft so viele Menschen, daher schreiben wir drüber.
„Warum zur Hölle regt mein Hund sich so tierisch auf, sobald mein Partner und ich uns küssen, umarmen oder mehr wollen? Das hält ja kein Mensch im Kopf aus. Mein Hund bellt, springt an uns hoch, springt ins Bett, fängt an zu knurren und rastet total aus! Der ist bestimmt eifersüchtig!“
Und jetzt muss ich echt aufpassen, wie ich diesen Artikel formuliere, damit der nicht auf irgendeinem Index landet …
Neee, Eifersucht dürfte das eher nicht sein. Versuch doch mal, das Verhalten deines Hundes ganz wohlwollend zu interpretieren. Könnte es nicht einfach sein, dass körperliche Nähe, heftigeres Atmen, Umarmungen, seltsame Geräusche auf deinen Hund schlicht bedrohlich wirken könnten? Dass er das, was ihr da tut, einfach seltsam findet und deswegen höchst unruhig wird und den Zweikampf daher beenden möchte? Wenn du das Verhalten wohlwollend interpretierst, kommst du nicht auf die Idee, deinen Hund maßregeln zu wollen. Vielleicht hast du auch schon gemerkt, dass das nicht so viel bringt, weil das Maßregeln die Aufregung oder das mulmige Gefühl deines Hundes ja nicht wegzaubert, sondern nur sein Verhalten, das dir unangenehm ist, vorübergehend unterdrückt.
Wir haben da ein paar Tipps für euch, wie ihr das Verhalten eures Hundes ändern könnt.
1. Management und Entspannung
So lange Training noch nicht greift, möchtet ihr ja vielleicht doch ab und an mal intim miteinander sein. Wenn ihr das frühzeitig planen könnt, lasst euren Hund doch derweil bei jemandem, der/die auf ihn aufpasst. Wenn ihr sehr spontan seid und Hundesitter*in deswegen ausfällt, wäre es optimal, wenn euer Hund bereits den vorübergehenden Aufenthalt in einer Box in einem etwas abgelegenen Zimmer kennt und schon gelernt hat, dort ein Stündchen alleine zu verbringen.
Achtung: Eine Box ist keine Dauerabstellkammer und muss immer so groß sein, dass dein Hund sich darin gemütlich ausstrecken und bewegen kann. Außerdem sollte sie so gestaltet sein, dass sich dein Hund darin rundum wohlfühlt, sprich: Weicher, gemütlicher Untergrund, ausgepolsterter Kuschelrand. Wenn dein Hund einen entspannenden Duft mag und kennt, kannst du auch einen Duftartikel neben die Box legen. Je gechillter dein Hund in seiner Box ist und dort die Zeit verschlafen kann, umso mehr Zeit und Raum habt ihr für Zweisamkeit. Gib dir also Mühe, die Box für deinen Hund zum schönsten Ort der Welt zu machen. Wenn dein Hund es sich in der Box gemütlich gemacht hat, vielleicht noch einen Kauartikel zum Zeitvertreib hat, kannst du in seinem Zimmer ruhige Musik laufen lassen, um Geräusche ein wenig zu dämmen. Und hey, ihr müsstet dann vielleicht einfach mal etwas leiser sein.
Kleiner Tipp: Kann dein Hund nicht alleine sein, helfen dir unsere kostenlosen Videos zum Thema „Trennungsstress„.
Ein Video zur Gewöhnung an die Hundebox findetst du auf der Seite Boxentraining für Hunde.
2. Training
Wenn das Management gut funktioniert, musst du vielleicht gar nicht trainieren. Wenn dein Hund aber jedes Mal nervös wird, sobald dein*e Partner*in dich in den Arm nimmt, solltest du doch mal an Training denken. In diesem Fall ist eine kleinschrittige Gegenkonditionierung sinnvoll. Schreibe auf: Ab welchem Moment wird dein Hund nervös? Wenn sich dein*e Partner*in dir nähert? Wenn du in den Arm genommen wirst? Wenn ihr euch küsst? Beobachte deinen Hund genau. Und dann beginnst du mit dem Training auf der Stufe, auf der dein Hund zum ersten Mal ein wenig reagiert. Lasse deine*n Partner*in dich in den Arm nehmen, gerade so, dass dein Hund zwar schaut, aber noch nicht heftig nervös wird. In dem Moment, in dem dein Hund eure Aktion zwar wahrnimmt, aber noch ruhigbleiben kann, lobst du und gibst ihm etwas zum Kauen. Etwas, mit dem er länger zu tun hat. Während dein Hund kaut, nähern sich du und dein*e Partner*in ein, zwei Mal erneut an. Immer so, dass dein Hund es zwar wahrnimmt, es ihm aber nichts ausmacht. Du könntest in diesem Moment auch mit Leckerchen belohnen, aber dann hätte dein Hund später die permanente Erwartungshaltung, dass es bei jeder Annäherung etwas für ihn gibt und würde dich vielleicht irgendwann nicht mehr wegen Nervosität belagern, sondern wegen Futtererwartungshaltung. Der Kauknochen ist dazu da, dass dein Hund etwas zu tun bekommt, mit dem er sich alleine beschäftigen kann, ohne dass du mit dabei sein musst.
Wiederhole diese Übung immer mal wieder. Wenn du nach ein paar Tagen merkst, dass dein Hund bei erster Annäherung nicht mehr so nervös ist, fangt ihr an, euch im Alltag ab und zu einfach mal kurz anzunähern. Immer so, dass euer Hund ruhig bleiben kann. Es gibt dabei nicht jedes Mal eine Kaubeschäftigung. Die gibt es nur, wenn ihr eine längere Trainingssession einlegt. Erst dann, wenn dein Hund die erste Annäherung gut ertragen kann, legt ihr ein Schüppchen drauf und küsst euch zum Beispiel während einer Kauartikelsession ganz kurz. So könnt ihr das Training Schrittchen für Schrittchen immer weiter steigern.
3. Im Extremfall
Solltest du einen Hund haben, der nicht nur ein Problem mit menschlicher Nähe, sondern grundsätzlich ein Problem mit dem Menschen hat, den du liebst, dann empfehlen wir dir, dich an eine*n Trainer*in zu wenden, die euch direkt vor Ort hilft.
Hilfe findest du hier:
https://www.trainieren-statt-dominieren.de/unterstuetzer
Außerdem helfen dir unsere Videos und kostenlosen Artikel zur Aggression bei Hunden:
https://www.hey-fiffi.com/leinenaggression-beim-hund/
Du siehst, es ist nicht Hopfen und Malz verloren. Es ist natürlich eine große Einschränkung im Leben, wenn der Hund traute Zweisamkeit nicht einfach spontan zulässt. Wenn du aber etwas Zeit und Mühe investierst, kriegst du das in den Griff. Wir hoffen, dass wir damit ein wenig helfen konnten. Schicke den Artikel auch gerne weiter an Menschen, von denen du weißt, dass sie das gleiche Problem haben, sich aber vielleicht nicht trauen, direkt zu fragen. Glaub mir: Du bist nicht allein!
Foto: Sabine Fehrenbach, Fehdogs Fotografie
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