Im ersten Teil der Blogserie „Hunde in der Kunst“ hat Kunsthistorikerin und Hundetrainerin Sonja Rupp den Sprung von der Antike bis in die Renaissance gewagt und gezeigt, welcher Typus Hund das perfekte Standessymbol für den adeligen Herren darstellte. In diesem zweiten Teil werden dir die kleinen Hündchen der weiblichen Hofgesellschaft des Rokoko und der Einsatz von Hunden in der Werbung des 19. Jahrhunderts vorgestellt.
Spielzeughunde
Während Jagdhunde Kraft, Mut und Schnelligkeit repräsentierten und Hof- oder Haushunde mit ihrer bloßen Existenz Einbrecher verschreckten, zog die weibliche Adelsgesellschaft des 18. Jahrhunderts andere Modelle vor. Feine Damen umgaben sich mit gerne handlicheren, frisierten Schoßhunden. Ließen sich Frauen mit ihren Hunden porträtieren, so sollten diese die eheliche Treue zu den Gatten demonstrieren und auch ein Sinnbild für Frömmigkeit und Gesetzestreue darstellen. Symbolik wie diese wurde von der damaligen Gesellschaft verstanden und gerne verwendet – heute muss man zum Verständnis oft ein Lexikon aufschlagen.
Zur Unterhaltung bei Gesellschaften wurden die kleinen Hunde dressiert, Kunststückchen vorzuführen, wie beispielsweise der „Havannah-Zwergpudel“ im Gemälde von Jean Jacques Bachelier aus dem Jahr 1768. Es ist ein weißes Pudeltier mit geschorenem, rosafarbenen Bäuchlein und Schleife in der üppigen Frisur, das die Vorderpfoten vom Boden hebt. Es blickt zum Betrachter, mit dem es sich auf Augenhöhe befindet. Durch diese Perspektive wird die Größe des Hundes zum Maß aller umgebenden Dinge: Die Bücher im Hintergrund und die Pantoffeln am Kamin wirken überdimensioniert. Auch heute kannst du durch diese Darstellung die Welt aus den Augen eines Kleinhundes wahrnehmen – es ist nicht besonders verwunderlich, dass sie vieles als bedrohlich empfinden, oder?
Werbeträger
Nachdem Hunde nun ihrer Funktion als Jagdbegleiter und adrettes Spielzeug über einige Epochen hinweg nachgekommen waren, erkannten Maler wie Francis Barraud gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine neue Einsatzmöglichkeit. Als sein Gemälde, „His Master’s Voice“ von circa 1898 nicht in die Ausstellung der Royal Academy aufgenommen wurde, bot er es großen Firmen zum Kauf an. So wurde der Terrier Nipper, der hier beim Lauschen der Stimme seines verstorbenen Herrchens vor einem Phonographen dargestellt ist, zum vermutlich berühmtesten Hund in der Geschichte der Firmenlogos. Die Kopfschiefhaltung, die Hunde häufig einnehmen, um ungewöhnliche Geräusche besser zu hören, wird hier mit dem Titel verknüpft und bekommt einen emotionalen Bezug. Nipper scheint sich zu fragen, wie sein Herrchen wohl in so ein kleines Gerät passen kann? Die Werbebotschaft lautet also: Mit unseren Grammophonen erreichst du eine so gute Klangqualität, dass dein Hund deine Stimme erkennen wird. Dass dieses Logo auch heute noch vielen Menschen gut bekannt ist, zeugt von seinem Erfolg. Gleichzeitig ergibt sich daraus, dass die enge Bindung zwischen Mensch und Hund sich seit der Entstehungszeit des Gemäldes nicht gelockert hat. Am Verlauf der Darstellungen von Hunden in der Kunst kann man also parallel die Kulturgeschichte der Menschen ablesen: Vom starken Statussymbol der adeligen Herren und kleinen frisierten Schoßhündchen der weiblichen Hofgesellschaft, wurde der Hund zum noch immer gültigen Sinnbild von emotionaler Bindung und Treue in allen Gesellschaftsschichten. Auch die neuere Kunst setzt sich mit dem Phänomen der Mensch-Hund-Beziehung auseinander. Wie bekannte Künstler des 20. Jahrhunderts, zum Beispiel in der Popart, dieses Verhältnis fixieren, zeige ich dir im nächsten Beitrag zu dieser Serie.
Buchquellen
- Hildegard Kretschmer: Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst. Stuttgart 2008.
- Robert Rosenblum: Der Hund in der Kunst. Vom Rokoko zur Postmoderne, Wien 1989.
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