Tierheimhunde – kleine Fibel (Teil 1): vor dem Einzug eines Hundes

Zuerst einmal vielen Dank, dass Sie einem Hund aus dem Tierschutz ein neues liebevolles Zuhause geben wollen. Damit Sie Missverständnisse vermeiden können und das Zusammenleben möglichst gut startet,  hat Hey Fiffi-Trainerin Gudrun Scholz  hier einige Tipps und Infos für Sie zusammengestellt.

Bildquelle: Gudrun Scholz

Gedanken vor dem Einzug eines Hundes

Die Aufnahme eines Hundes sollte, egal woher er stammt, immer gut und sorgfältig durchdacht sein!

  • Mitleid ist ein schlechter Berater, um sich einen Hund anzuschaffen. Es reicht bei weitem nicht aus.
  • Als Grundausstattung brauchen Sie: Leine, Halsband/ Brustgeschirr, Liegeplatz
    (Korb, Matratze, Liegekissen o.ä), Näpfe für Wasser und Futter, Autosicherung (Autogeschirr, Gitter, Box), Futter, Literatur
  • Sie müssen den Hund bei Ihrer Stadt oder Gemeinde anmelden ( Hundesteuer), zudem müssen Sie eine Hunde-Haftpflichtversicherung haben. Die Landeshundeverordnungen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Erkundigen Sie sich bei ihrem zuständigen Veterinäramt, Ordnungsamt, Tierarzt oder Tierschutzverein danach. Als Ersthundebesitzer müssen Sie evtl. einen Sachkundenachweis o.ä. machen.
  • Sind alle Familienmitglieder einverstanden mit dem neuen Hausgenossen?
  • Ist ausreichend Zeit vorhanden, um neben den Spaziergängen den Hund je nach Anlage zu Beschäftigen, mit ihm ggf. eine Hundeschule zu besuchen, zum Tierarzt zu fahren u.a.
    Ein Garten ist schön für einen Hund, ersetzt aber nicht das Spazierengehen und die Beschäftigung, denn ein Hund ist kein Gartenzwerg!
  • Habe ich den finanziellen Hintergrund: Ein Hund kostet Geld, der Kaufpreis ist einmalig, aber der Hund braucht Futter, Zubehör, Tierarzt (dies kann auch mal schnell sehr teuer werden, z.B. im Falle eines Unfalls oder einer Krankheit kommen schnell mal einige 100 € oder mehr zusammen). Steuer, Versicherung (Haftpflicht ist ein Muss (in einigen Bundesländern sogar gesetzl. vorgeschrieben), Krankenversicherung (ist evtl. sinnvoll), Hundeschule, Hundepension (Urlaub, Krankheit)
  • Wo bleibt der Hund im Urlaub? Pension, Mitnehmen? Mit Hund muß ich evtl. Abstriche bei sonst üblichen Aktivitäten machen. Ich darf nur in Unterkünfte, die einen Hund ausdrücklich erlauben, ich muß an spezielle Hundestrände, der Hund darf evtl. nicht mit ins Lokal oder in Geschäfte. Bei ängstlichen Hunden geht ein Stadtbummel evtl. gar nicht!!! Man kann Hunde nicht bei Wärme im Auto lassen!!! Bei großer Kälte auch nicht!!!
  • Sie brauchen Anfangs vielleicht viel Geduld mit dem Hund, vielleicht zeigt er auch Problemverhalten oder benimmt sich ganz anders als in Ihrer Vorstellung. Hunde sind nicht pauschal dankbar, dass man sie adoptiert. Evtl. bedeutet es mehrere Monate viel Arbeit mit dem Hund (auch mit guten Hundetrainern). Menschliche Moralvorstellungen wie Dankbarkeit, Undank, Scham etc. kommen im biologischen Verhalten des Hundes nicht vor.
  • Viele Tierschutzhunde haben eine Vergangenheit, die mitunter nicht sehr positiv verlaufen ist. Daraus können natürlich ebenfalls Probleme entstehen.
  • Auch das Alleinbleiben muß evtl. in kleinen Schritten trainiert werden. Es kann sein, dass der Hund das nie gelernt hat. Manche Hunde bellen, andere zerstören Sachen. Dies ist oft gerade in Mehrfamilienhäusern ein Problem. Der Hund tut nichts davon um Sie zu ärgern, sondern weil er verzweifelt ist. Das Training kann mehrere Monate in Anspruch nehmen.
  • Erkundigen Sie sich im Vorfeld über eine geeignete Hundeschule. Sollte ein Problem auftreten, können Sie schnell reagieren, ohne das viel Zeit vergeht. Nach welchen Kriterien Sie diese auswählen sollten, lesen Sie im 2. Teil.
  • Schaffen Sie sich gute Literatur an. Es gibt eine Vielzahl von Hundebüchern. Leider kann man gut und schlecht nur schwer unterscheiden. In unserem 2. Teil finden Sie eine kleine Auswahl an Büchern.

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Über die Autorin

Gudrun Scholz
Bildquelle: Gudrun Scholz

Gudrun Scholz wurde 1968 geboren. Auf dem Weg zur Hundetrainerin kam sie durch ihre langjährige Mitgliedschaft und Arbeit im örtlichen Tierheim und durch ihren 2. Hund auch in einen Hundeverein. Beides erlebte sie als unbefriedigend und war überzeugt, es muss und soll besser gehen.

Seit 2008 betreibt sie die Hundeschule HundgeRecht und gibt überwiegend Einzeltraining und ausführliche Beratungen.
Tierschutzhunde machen einen Großteil ihrer Arbeit aus. Dem Tierschutz ist sie bis heute sehr verbunden und dort auch bei Hunden und Katzen aktiv tätig. Zudem betreibt sie eine kleine Katzenpension.

Sie lebt und arbeitet im südlichen Niedersachsen am Rande des Harzes. Dort teilt sie ihr Leben sowohl mit Hunden als auch mit Katzen.

www.hundgerecht-die-hundeschule.de

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  • Gudrun Scholz

Kommentare

2 Antworten zu „Tierheimhunde – kleine Fibel (Teil 1): vor dem Einzug eines Hundes“

  1. Norbert Vorwerg

    Guten Abend,
    wir haben uns vor 2 Tagen einen Hund aus dem Tierheim ausgewählt, der noch 14 Tage zuvor aus Rumänien angereist „wurde“.
    Alles in allem ist es Liebe auf dem ersten Blick … und wir freuen uns auf die gemeinsamen Jahre mit unserem neuen 4-pfotigen Familienmitglied.
    Einzig die Angewohnheit von „Benno“(15 Monate), seine Notdurft ausschließlich im Auslaufbereich seines Tierheim-Zwingers vorzunehmen … hat zur Folge, dass er das auch bei seinem neuen Zuhause macht: Egal wie lange wir „Gassi“ gehen – die Notdurft wird auf dem Balkon erledigt. Wir haben heute einmal die Probe aufs Exempel probiert und sind insgesamt (mit Pausen) knapp 8 Stunden unterwegs gewesen, ausreichend Futter und Wasser (See und Bäche) zur Verfügung gestellt … mit dem Ergebnis: absolut keinerlei Interesse unterwegs zum Wasserlassen oder Koten. Kaum waren wir zu Hause, wurde auf dem Balkon ausgiebig „entleert“.
    Uns ist klar, dass momentan zuvorderst der Hund zur Ruhe kommen und Vertrauen fassen muss – es wäre jedoch sehr hilfreich, wenn wir irgendeinen Tipp bekommen könnten, wie wir unseren Wauwi dazu erziehen könnten, im Wald seine Notdurft zu verrichten … und nicht auf dem Balkon.
    Ganz herzliche Grüße aus dem Rheinland
    Manuela & Norbert

    1. Guten Morgen,

      vielen Dank für eure Frage. Bei einem Tierschutzhund übt man am besten genauso wie bei einem Welpen :)

      Wir haben da einen Film von uns als Hilfe für euch:
      https://www.hey-fiffi.com/basistraining-hunde/hundewelpen-stubenrein/

      Aber direkt ein Tipp: Der Hund ist seit wenigen Tagen bei euch. Bitte vermeidet es, mit ihm acht (!!) Stunden unterwegs zu sein. Euer Hund kommt dann gar nicht mehr zur Ruhe und es ist kein Wunder, dass er sich dann nur daheim erleichtern kann. Beginnt bitte mit kurzen, nur wenigen Minuten dauernden Spaziergängen, damit er seine Umgebung kennenlernen und als „sicher“ einstufen kann. Und nur dort, wo er sich halbwegs sicher fühlt, ist er auch entspannt genug, sich lösen zu können.

      Falls ihr Hundeanfänger seid, empfehlen wir euch dringend, euch einen Trainer/eine Trainerin der Liste „Trainieren statt dominieren“ ins Haus zu holen, damit ihr ganz viele Fragen zum Umgang mit einem Tierschutzhund stellen könnt und der/die euch erklären kann, was der Hund braucht, um so weit entspannen zu können, dass er sich daheim lösen kann.

      Liebe Grüße,
      Sonja vom Hey Fiffi-Team