„Das Leckerli des Todes“ – Sechs Irrtümer über Leckerchen

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr sich mancher Hundehalter dagegen wehrt, Leckerchen als Belohnung zu verwenden. Oft aus Gründen, die jemand, der mit Leckerchen belohnt, so gar nicht nachvollziehen kann. Hey-Fiffi-Trainerin Daniela Maletzki hat ein paar All-Time-Favourites für euch.

Lara Meiburg Photographie
Bildquelle: Lara Meiburg Photographie

Irrtum Nummer 1

Wenn ich mit Leckerchen trainiere, dann gehorcht der Hund ohne Leckerchen nicht mehr

Das kann durchaus vorkommen, liegt aber nicht an dem Belohnen mit Leckerchen an sich, sondern an einem Fehler beim Einsatz der Belohnung.
Der Fehler liegt oft darin, dass du schon im Vorfeld, bevor der Hund ein Signal ausgeführt hat, das Leckerchen in der Hand hältst, in den Beutel greifst oder mit dem Tütchen raschelst. Das passiert zum Beispiel, wenn du den Hund rufst und ihm jedes Mal zeigst, was du in der Hand hast, damit er zu dir kommt. So lernt dein Hund: „Geilomat. Es gibt gleich was! Also mag ich jetzt gehorchen.“ Er lernt aber nicht: „Ich tu jetzt mal, was Frauchen sagt und schau dann mal, was es danach Gutes gibt.“
Es kann aber auch passieren, dass du dem Hund ein Verhalten über das Locken mit Futter beigebracht hast, wie zum Beispiel beim Fußgehen oder beim Platz-Signal, und dann das Futter nicht schnell genug wieder ausgeschlichen hast. Auch hier ist nicht das Leckerchen schuld. Eine kleine Veränderung in deinem Training, zum Beispiel über das Training mit einem Markersignal, kann hier Abhilfe schaffen.

Wie du ein Markersignal aufbaust und sinnvoll anwendest, findest du hier in den Hey-Fiffi-Videoanleitungen.

Irrtum Nummer 2

Beim Training mit Leckerchen wirst du zum Futterautomaten

Die meisten Hundehalter haben keine Angst davor, dass die Beziehung zu ihrem Hund leiden könnte, weil sie ihm täglich sein Futter in einen Napf füllen.
Wenn es allerdings darum geht, den Hund für gutes Verhalten mit Futter zu belohnen, bestehen Bedenken, der Hund könnte den Menschen irgendwann nur noch als Futterautomaten betrachten. Eine Kommunikation wäre dadurch unmöglich.
Dabei hat jedes Training immer etwas mit Kommunikation zu tun: Du und dein Hund beschäftigt euch miteinander. Das bedeutet, du trittst mit deinem Hund zunächst in Kontakt (oder er mit dir) und erst im Anschluss wird der Hund mittels Leckerchen belohnt. Das ist doch sehr viel persönlicher als dem Hund nur einfach sein Futter vorzusetzen. Wenn du also schon nicht durch das Füttern im Napf zum Futterautomaten wirst, gilt das erst recht nicht für das Verfüttern von Leckerchen für gutes Verhalten.
Außerdem sieht dein Hund dich als Sozialpartner und Füttern ist ein hoch soziales Verhalten, das unter Sozialpartnern ganz natürlich ist. So ist es sowohl unter Menschen wie auch in der Tierwelt völlig normal, dass Eltern ihren Nachwuchs füttern, Freunde sich gegenseitig mit Essbarem beschenken und auch die Liebe geht sowohl beim Menschen als auch beim Tier oft durch den Magen.
Wird Futter als Belohnung richtig eingesetzt, wird die Beziehung zwischen Mensch und Hund davon profitieren und nicht darunter leiden.

Irrtum Nummer 3

Mein Hund soll es für mich tun und nicht für das Leckerchen

Stell dir mal die Frage: Warum sollte dein Hund nur aufgrund deiner Persönlichkeit gehorchen?
In den meisten Fällen wollen wird doch etwas von unserem Hund, das für den Hund zunächst einmal nicht logisch und in vielen Fällen auch noch völlig gegen seine Natur ist. Abrufen von Wild und das Gehen an lockerer Leine sind Dinge, die dein Hund normalerweise nicht in seinem Verhaltensrepertoire hat und die erst geübt werden müssen.
Wir haben oftmals sehr hohe Ansprüche an unsere Hunde, an das, was sie leisten und können sollen und was sie nicht tun dürfen. Da wäre es schon sehr weit hergeholt, von unseren Hunden zu verlangen, das alles umsonst zu leisten oder nur aufgrund unserer Persönlichkeit.
Wer von uns würde schon ohne Gehalt für seinen Chef arbeiten, nur weil der so ein netter Kerl ist?

Übrigens: So ziemlich alle Hundehalter, die der Meinung sind, dass ihr Hund nur für sie gehorsam sein soll und nicht für das Leckerchen, arbeiten mit Strafreizen. Das bedeutet aber, dass ihr Hund nicht für sie arbeitet, sondern um der Strafe zu entgehen…

Irrtum Nummer 4

Das Training mit Leckerchen ist Bestechung

Es besteht ein klarer Unterschied zwischen Bestechung und Belohnung.
Bei der Bestechung stellst du etwas in Aussicht, damit dein Hund überhaupt etwas für dich tut. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du mit der Leckerchentüte raschelst, damit dein Hund dich ansieht. -> Bestechung
Wenn du für etwas belohnst, muss dein Hund zuerst eine Leistung erbringen und dann wird diese honoriert. Das ist dann der Fall, wenn du deinen Hund rufst, er sich zu dir herumdreht und du danach in die Leckerchentüte greifst, um in zu belohnen -> Belohnung
Die Voraussetzung für eine Belohnung ist also: Dein Hund hat das Signal für das erwünschte Verhalten (zum Beispiel den Rückruf) bereits erlernt. Dann benutzt du das Leckerchen nicht zum Locken. Stattdessen zeigt dein Hund auf deine Aufforderung hin erst das von dir gewünschte Verhalten. Hat er das Verhalten gezeigt, bekommt er dann das Leckerchen als Belohnung.
Der Hund erbringt also zunächst eine von dir gewünschte Leistung oder zeigt ein von dir gewünschtes Verhalten und bekommt dafür ein Leckerchen. Das ist das Gegenteil von Bestechung. Das ist Belohnung.

Irrtum Nummer 5

Mein Hund mag keine Leckerchen

Es gibt natürlich auch Hunde, die mit Leckerchen schwer bis gar nicht zu motivieren sind, während andere für ein Leckerchen alles tun würden.

Sollte dein Hund keine Leckerchen mögen, könnte das auch ein Warnzeichen sein. Dann solltest du ein paar Dinge abklären, die durchaus Auswirkungen auf dein Training haben: Gesundheitliche Gründe, aber auch Angst, Stress oder zu große Ablenkungen, etc.
Kannst du diese Gründe ausschließen und dein Hund mag immer noch keine Leckerchen, dann hast du vielleicht einfach noch nicht das richtige Leckerchen gefunden. Oder die Art und Weise, wie das Leckerchen gegeben wird, ist für den Hund nicht motivierend. („Mein lieber Schieber“ – Leckerchen richtig geben)
Du kannst mit Leckerchen noch sehr viel mehr machen, als sie einfach nur aus der Hand zu füttern! Dazu noch mehr in meinem nächsten Artikel.

Irrtum Nummer 6

Der Hund wird zu dick

Wie beim Menschen gibt es auch bei Hunden welche, die dazu neigen, schneller zuzunehmen als andere. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Aber egal, aus welchem Grund dein Hund schnell zunimmt: Das schließt das Belohnung mit Leckerchen nicht grundsätzlich aus!
Hast du einen Hund, der zu Übergewicht neigt, ziehst du die Menge der Leckerchen, die du im Training nutzt, von der Futterration ab oder du benutzt gleich das Futter als Belohnung.
Mittlerweile gibt es auch für Hunde schon kalorienreduzierte Leckerchen, die du benutzen könntest.
Oder du stellst sie einfach selbst her, indem du zum Beispiel Geflügelfleisch im Backofen oder Dörrautomaten trocknest.
Wenn aus gesundheitlichen Gründen nichts dagegen spricht, kannst du deinem Hund sogar mit Hilfe der Futterbelohnung ein wenig mehr Bewegung verschaffen, indem du das Leckerchen zum Beispiel wirfst oder über den Boden rollst, so dass dein Hund hinterherlaufen muss.

Fazit

Eigentlich spricht bei den allermeisten Hunden gar nichts dagegen, Futter als Belohnung zu benutzen. Futter ist eine wunderbare Möglichkeit, deinem Hund für tolle Leistungen etwas zukommen zu lassen, was er gerne mag und für das er gerne arbeitet. Wer darauf verzichtet, ist selbst schuld.

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Kommentare

4 Antworten zu „„Das Leckerli des Todes“ – Sechs Irrtümer über Leckerchen“

  1. Christine

    Ich habe vielleicht einen außergewöhnlichen Hund, aber sie nimmt zu 95 Prozent keine Leckerlies unterwegs. Egal was ich aussuche – nichts. Markerwort – versucht- nichts. Klappt 2-3 mal, dann ist es uninteressant für sie. Spielen, das macht sie absolut nicht. Wir kämpeln ab und an mal auf dem Sofa, aber was anderes will sie nicht. Kuscheln, ein paar Minuten, dann ist das Interesse weg.
    Das alles macht es mir schwer ihr das Ziehen an der Leine abzugewöhnen. Also ist es nicht immer, dass der Besitzer nicht will, sondern manchmal auch der Hund.
    Christine

    1. Martina Resl

      10000% Zustimmung von mir…. Meine Pinschs leisten tolle Arbeit als Suchhunde und erhalten selbstverständlich nur die beste Bezahlung dafür. Eh klar oder?

    2. Helga

      Hast du zufällig auch einen Herdenschutzhund? Klingt nach meinem Kangal Mädel :) Lg

  2. Cora Juchnewski

    Sehr gut erklärt. Danke. Ich arbeite seit 28 Jahren über Leckereien, obwohl das früher nicht gerne gesehen wurde.

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